Verein der Absolventinnen und Absolventen der Sir-Karl-Popperschule

Interview "Meisterklasse" - Ensemble Wiedner Gymnasium

Die letzten Monate der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen haben auch den Alltag der Meisterklasse verändert und so finden die Proben für die diesjährige Aufführung aktuell online statt. Einstudiert wird "Das Konzert" von Hermann Bahr, das voraussichtlich im Herbst auf die heimische Bühne im Festsaal des Wiedner Gymnasiums kommen wird. Wir waren bei einer Probe dabei und haben die Schauspieler nach ihren lustigsten Erlebnissen sowie Tops und Flops der Online Proben gefragt. Weiter unten könnt ihr die verschiedenen Eindrücke lesen und einen Vorgeschmack auf die diesjährige Aufführung bekommen.

Nach einigen Monaten Online Probe habt ihr sicher so einiges miterlebt - was ist aktuell top an den Online Proben und was ist absoluter flop?
„Als wir beschlossen haben die Proben online durchzuführen, war ich zunächst sehr skeptisch. Wie soll es ohne Körpersprache, Bewegung und Requisiten funktionieren? Tatsächlich erstaunlich gut, denn die Stimme ist ein gewaltiges Werkzeug, da sind unglaublich viele Nuancen möglich, die wunderbar online übertragen werden. Außerdem nehmen wir uns mehr Zeit die Szene und Text zu besprechen, wodurch ich ein ausgeprägtes Rollenverständnis aufbauen konnte. Das größte Manko an den Online-Proben ist, dass einige Szenen ohne Körpersprache schwer vorstellbar sind, wenn zum Beispiel geflirtet wird. Ernste, aufrichtige Momente lassen sich hingegen sehr gut abbilden.“ „Top: Ich kann meine Mimik beim Schauspielen in Echtzeit verfolgen. Flop: ICH KANN MEINE MIMIK IN ECHTZEIT VERFOLGEN! Was, so sieht es aus wenn ich das mache? Ist es so besser? Nein, schaut immer noch komisch aus. Warte war das gerade mein Stichwort? Verdammt ist das ablenkend! Fazit: Seit der ersten online Probe bleibt für mich die Selbstansicht ausgeblendet.“
"Das gehört zwar nicht zu den eigentlichen Proben, ist aber voll super und definitiv erwähnenswert, das neue Format "Judge the Expert". Dabei schauen wir uns, über voice Chat verbunden, gemeinsam diverse, mehr oder weniger gute, Inszenierungen einer Szene an und analysieren (oder lästern darüber) was daran gut und was weniger gut war und was man für die eigene Interpretation mitnehmen kann. Das ist etwas von dem ich hoffe, dass es auch nach der Pandemie weiterläuft, weil es sowohl Spaß macht als auch einen tieferen Einblick in verschiedene Rollen gibt."
" Bin mir auch nicht sicher, ob es Top oder Flop ist, dass ich mich jetzt ständig in meinen eigenen Augen verliere."
"Es ist (teilweise) heute leichter, gemeinsame Termine zu vereinbaren. Vor allem was Meisterklassenaktivitäten außerhalb der Probenzeit betrifft: man ist zu Hause und hat Zoom (u.a.)."
"Wir haben neue gemeinsame Unterhaltungsprojekte, wie Zoom-Dinner&Crimes oder Schundromanlesungen (samt Kommentaren!) über Discord eingerichtet. Wir machen also gute Unterhaltung - für uns selbst."
"Flop: aus Regiesicht muss ich sagen, dass ich keine, wirklich keine Ahnung habe, wie viel zusätzliche Probenzeit ich veranschlagen muss, weil viele Szenen buchstäblich ohne jeden physischen Kontakt und de facto auch ohne Bewegung stattfinden mussten. Wird sich das schnell von selbst einstellen? - Sicher nicht bei jeder Szene."
"Das Lernen und vor allem Speichern des Textes auf längere Sicht wird natürlich durch die physische Darstellung im Raum verbessert. Wir müssen mehr und öfter Text lernen und wiederholen."
"Wenn ein Regisseur und 2 Regieassistenten gleichzeitig etwas vermitteln wollen - brauchen sie über Zoom große Disziplin. Bräuchten."

Was war das lustigste Erlebnis eurer Proben? 
Es gibt eine Szene, wo durch eine verschlossene Tür geflirtet wird, das heißt, die Figuren sehen einander nicht. Nachdem wir ohnehin den Fokus auf die Stimme legen, gab's dann die Regieanweisung "Sag das doch mal wie bei einer Sexhotline". Da ist der eigentliche Text dann auch schon egal ^^ Es ergeben sich immer wieder skurrile Situationen. Wir haben genauso viel Spaß wie bei normalen Proben, aber Zoom liefert immer wieder neue Erlebnisdimensionen (z.B. eingefrorenes Bild bei vollaktivem Ton). Und: die Katzendichte hat sich merklich erhöht.

Worauf können wir uns bei der diesjährigen Aufführung freuen?
Die beiden betrogenen Ehepartner einer Liebesaffäre sprechen sich ab und entwerfen den wohl eigentümlichsten Plan, um der Situation Herr zu werden: Sie überraschen die beiden und verkünden ihre eigene Hochzeit. Auf einmal weiß keiner so ganz, wer mit wem noch zusammengehört. Eine Komödie, die erstaunlich tiefgründig in zwischenmenschliche Beziehungen blickt. Vielen Dank für diese Einblicke - wir freuen uns schon sehr darauf eure Arbeit und das Stück "Das Konzert" von Hermann Bahr bald live sehen zu können!